Demokratie ist auch in Deutschland noch nicht ganz 100 Jahre alt.

Hochrad-DoppelUnd mindestens 12 Jahre sind in der Geschichte abzuziehen …

denn nach der Ausrufung der Republik Bayern am 7. November 1918 war die Verfassung des Volkes noch nicht ganz klar:

Gegen Ende des „Europäischen Krieges“, wie ihn der stolze Franz Marc genannt, hatte, in dem auch er getötet worden war, hatten die Pazifisten in der SPD (die früher auch gegen Kriege gewesen, aber doch die Kriegskredite bewilligt und jährlich erweitert hatte) sich neu organisiert,

Nach den Landtagswahlen war Ministerpräsident Eisner auf dem Weg zum Landtag von rechten Militaristen erschossen worden, folgten Parlament und Räterepubliken im Kampf und eine brutale Niederschlagung der Räte-Regierung in München mit vielen Hundert Toten, nachdem die Noske-SPD in Berlin schon vor der Wahl Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht durch Offiziere hatte ermorden lassen.

Es folgten 13 Jahre der sehr bedingten Demokratie mit rechts-klerikaler Parlamentsmehrheit und sehr eingeschränktem Rechtsverständnis: Willkür-Justiz hat Geschichte in Bayern.

Der bitteren Lehre des braunen Faschismus von 12 Jahren folgten dann auch noch einige graue Jahre des grauen Faschismus, in denen die Herrschaft der vorigen Elite im Dienste des Kalten Krieges der Amerikaner noch einmal die gesamte Macht ausübten, im Schweigen der verängstigten Bevölkerung.

Trotzdem und im Gegensatz zur alten Herrschaft und im Schattenspiel der alten Fahrtenromantik breitete sich die Fähigkeit zum Widerspruch wieder aus, wie sie im Wandervogel und in den Friedenskreisen schon einmal gelebt hatten, mobilisierten gegen verlogene Autorität und Vietnamkrieg, gegen „den Muff von 1000 Jahren“ an den Hochschulen, der zwei Bedeutungen hatte:

Der Muff von 1000 Jahren

ErdHüttewar einerseits das arrogante Getue der unfehlbaren Professoren, die so taten, als wäre Wissenschaft und Weisheit ihr Besitz, den sie vom Katheder ihrer Erfahrungen nach unten verabreichen können, (wie auch etliche heute wieder ihr Expertentum hoch leben lassen),

das war andererseits der Spruch des 3. Reiches, das sich nach biblischen Vorbildern als „Tausendjähriges Reich des Friedens“ in der Propaganda dargestellt hatte, und dessen Professoren wieder auf den Posten saßen, als wäre nichts gewesen: Keine Nazizeit und keine Entnazifizierung, kein mörderischer Volksgerichtshof, denn die Juristen erklärten alles Geschehene wieder für Rechtens. Adenauers Mitarbeitender Globke und Kiesinger, die Geheimdienste und die meisten Parteien: Alles voller alter Nazis. Von Polizei, Gericht, in den Schulen und Behörden … und die Kirchen guckten fromm dazu.

Maunz, ein Beisitzer Freislers im berüchtigten Volksgerichtshof, der für Radiohören die Todesstrafe verhängte, der geschrieben hatte „Der Wille des Führers ist Gesetz“, und dessen Witwe seine stolze Pension bekam, wurde sogar 1966 zum CSU-Kultusminister, nachdem er viele Jahre unbeirrt als Jura-Professor und als Autor für die Nationalzeitung gewirkt hatte. Als Doktorvater von Bundespräsident Herzog bis zu Ende geehrt …

Die Studentenproteste räumten ein paar alte Nazi-Professuren auf, nach dem die Polizei mit Übergriffen die „Schwabinger Krawalle“ provoziert hatte: Langhaarige Studenten, die an einem Brunnen Gitarre spielten, waren verprügelt und verhaftet worden, die Bevölkerung stellte sich auf ihre Seite, und erst die „Entglasung“ der teuren Geschäfte in der neuen Fußgängerzone brachte eine Wendung zu den „freundlichen Spielen“ der Olympiade 1972, eine neue „Münchner Linie“.

In den Jugendverbänden war die Form der Jugendarbeit wieder aufgenommen worden, wie sie sich vor der Gleichschaltung 1936 entwickelt hatte: Neben Gruppenstunden (die es auch in der HJ und beim BDM gab) war das Zeltlager ein Erlebnis des Jahres in fast allen Sorten der Jugendarbeit, ob kirchlich oder Pfadfinder, gewerkschaftlich oder von Feuerwehr und Rettungsdiensten, mit Wimpel und Lagerfeuer, Gitarre und Fahrtenliedern, am Badesee oder in den Bergen.

Jugendringe der Umerziehung

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Es gab einige Konzepte des Umgangs mit der „fanatisierten Hitlerjugend“, aber nach dem Hunger der Nachkriegsjahre waren alle froh, wieder in eigene Strukturen und die vorher enteigneten Jugendhäuser zurück zu kehren.

Zur Struktur der Jugendförderung gehörten nun die Jugendringe, die als Stadt- und Kreisjugendring dann auch Bezirks-Gremien zum Austausch zwischen den Jugendverbänden aller Art und für die Delegation zum Bayrischen Jugendring, von allen Jugendverbänden getragen.

Gruppenleitung als Fähigkeit

Mit 14-16 gab es bei uns die ersten Gruppenleiter-Kurse, in denen Gruppenstunden und Themenabende in gemeinschaftlicher Gestaltung vorbereitet wurden. Der Aufbau und die Einladung zu einer Gruppe in der Schule, ein Jugendheim oder einen Platz zum Treffen, ein Programm durch das Jahr und weitere Fortbildungen wurden dann später von Jugendpflegern vor Ort oder im Landkreis begleitet, aber zuerst in den Verbänden veranstaltet.

Gruppendynamik als Fachwissen

hände zum ballDie amerikanische Forschung hatte nach dem Sputnik-Schock, („die Russen“ hatten es zuerst ins Weltall geschafft,) die Entwicklung von Teams als neue verbesserte Kommunikationsform nach den unproduktiven militaristischen Hierarchien ausgerufen, und nun sollte geklärt werden, wie Menschen „teamfähig“ werden. Zuerst natürlich mit alten militaristischen Mitteln, bis sich die Umgangsformen dann doch verbesserten: Bei den Hippies konnte man schneller die Lernfähigkeit abschauen, und die Friedensbewegten und Atomkraft-GegnerInnen waren schneller in der Aktions-Entwicklung, als die Polizei hinterher kam.

Jugendarbeit als Wachstums-Konzept

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Nach dem einschränkenden Drill des Militarismus und der Gleichschaltung der Jugendbewegungen im 3. Reich wollte die Bundesrepublik ein Bild der Entfaltung und der Vielfalt entwickeln, nur die kommunistische Seite sollte ausgeblendet und verboten bleiben.

Als Spiegelbild gab es im Osten die FDJ, bei der Frau Merkel Sekretärin war, deren Blauhemden aber bis heute von Bayrischer Polizei und Staatsanwaltschaft verfolgt werden.

Die Fähigkeiten der Selbstorganisation

In Selbsthilfegruppen finden sich Menschen, die an Gesundheits- oder sozialen Themen gemeinsam arbeiten wollen. Entstanden aus der Gesundheits-Bewegung, die in 1978 ff die erste Medizin- und Mediziner-Kritik aufbaute, zu den Hierarchien im kranken und unkritisierbaren Gesundheitswesen arbeitet und die Kompetenz der Betroffenen im Austausch untereinander organisiert. Regelmäßige Beratung und Supervision begleitet die Verantwortlichen in den Gruppen, und klare Regeln schließen die Einflussnahme durch die Pharma-Konzerne aus, inzwischen gibt es eine hervorragende Zusammenarbeit mit vielen Fachärzten und Kliniken, ApothekerInnen und Krankenkassen, die patientenorientiert arbeiten.

In den Medien und in den Regionen ist die Selbsthilfe noch oft zu wenig bekannt und vernetzt, aber Gruppen wie zu Volkskrankheiten und zu seltenen Krankheiten, wie zu Depressionen und zu Krebs sind reich gegliedert und tauschen sich aus.

türschildDie Hauptstadt- und Großstadtpolitik unserer politischen Überflieger verspricht nur in den größeren Bierzelten eine lebenswerte Zukunft, die wirkliche Demokratie INNERHALB der Parteien sieht dagegen so kläglich aus wie die Entwicklung der Dörfer am Rande des Landes:

Über EU-Regionen sollten die Ränder zu neuen Entwicklungsgebieten werden, aber die Entwicklung wurde dorthin pervertiert, wo die die Entwicklungshilfe durch Siemens und andere Handelskonzerne landete: Gnadenlose Exportpolitik, die eher Waffen als Fachwissen in die schon lange ausgebeuteten Länder bringt.donau

Aus den oberen Etagen ist keine ländliche Entwicklung zu erwarten, die den Regionen gut täte: Sie kann nur von dort und nur durch die Betroffenen selbst gestaltet werden.

Wenn die jungen Leute nach dem Studium nicht mehr zurück kommen, wenn die Höfe sterben und die Betriebe eingehen, der Großhandel und die Internet–Bestellungen den Rest erledigen …

… bleibt den Verbliebenen nur die bessere Selbstorganisation.

Am Land ist das nur möglich, wenn die alten Vorbehalte und Streitereien durch gute Moderation ausgeräumt und in gemeinsame Energie umgewandelt werden können. Parteien sind dazu grundsätzlich nicht in der Lage, weil sie part-eien.

Die Gesundheitsversorgung ist Vorreiter der Monopolisierung und der Kapitalisierung durch Krankenhaus-Konzerne, die Pflegeleistungen so weit herabsenken, dass die Medizin kaum mehr existieren kann.

tristessePsychotherapeutische Leistungen, nach einem Unfall eine Posttraumatische Belastungsstörung behandelt zu bekommen?

Im Umfeld nicht zu finden?

Selbsthilfe wurde, wie Gesundheitsläden, in den großen Städten entwickelt, am Land wird sie um so notwendiger. Die Gesundheitsläden haben sich mit unabhängiger Patientenberatung etabliert, die ReGierung vergibt sie nun an Pharmakonzerne.

Wenn Dörfer und Kommunen etwas für Selbsthilfe tun, können sie auch lernen, ihre eigen Zukunft vor Ort zu gestalten, statt irgend wann an internationale Landaufkäufer aufzugeben.

gemeinwohl-logoEin Büro für Selbsthilfe und Selbstorganisation mit ein paar Stunden Präsenz am Ort kann einen Anfang bilden, ein Geflecht der Nachbarschaften im Kreis kann für wirkliche Erneuerung sorgen, das auch für ansonsten weit Fortgebildete eine Existenz vor Ort ermöglicht. bringt Betriebe

Es erfordert eine Abkehr von den internationalen Kapital-Werbungen, die auch die regionalen Bank-Filialen ergriffen hatte, die auch bestimmende Staatspolitik ist, nicht erwähnt in den Folklore-Aschermittwochs- und Bierzelt-Aufführungen.

Eine Zukunftswerkstatt, schon vor Jahrzehnten übliche Praxis in den Fortbildungen der Landjugend, kann ein Anfang sein.

Community Organizing kann dann Selbsthilfe weiter entwickeln.

Was in der korrupten Nachkriegs-Militär-Landschaft für junge Leute nötig ist, die alten Fronten zu umgehen, um Neues aufzubauen, kann in unserer Wohlstands-verwöhnten Landschaft Impulse setzen, ob wir mit Flüchtlingen weiter denken wollen oder nicht: Menschenrechte sind bisher kein Kriterium für unsere polemisierenden Politiker, wir werden sie dazu zwingen müssen, durch Beurteilungen und Weiterentwicklungen wie www.abgeordnetenwatch.de sollten zukünftig auch die Kandidaten vor den Wahlen durch ihre Abstimmungen und Taten transparenter werden.

Im Mai 2016 werden wir im KollegInnenkreis der Zukunftswerkstatt-Moderierenden 5.-8. Mai in der Lausitz(30 Jahre Jahrestreffen!)

und im Münchner Umkreis des Gemeinsinn-Netzwerk mit Jim Capreiro aus Chicago die Grundlagen untersuchen, wie auch kleine Geschäfte, Firmen und Betriebe, Einrichtungen und Wirtschaften zur regionalen Entwicklung zusammen wirken können.

In KOSVOVA werden wir diese Methoden in der zweiten Juli-Woche im Jugendverband erproben. Mitarbeit möglich …